
Keltor, welcher bereits in einigen musikalischen Kapellen mitwirkte, ließ in all der Zeit seine Hauptband „Totensucht“ nie aus den Augen. Seit 2016 liefert er Album auf Album ab, weshalb es nun an der Zeit war bei Keltor für ein Interview anzufragen. Rausgekommen ist ein sehr ausführliches und sehr persönlich Interview, aber lest selbst.
Mjöllnir: Ich grüße Dich Keltor! Totensucht gibt es als Band bereits seit Anfang 2010. Die meisten Leser dürften die Gründungsgeschichte der Band nicht kennen, weshalb es an dir liegt, uns darüber in Kenntnis zu setzen. Was waren die musikalischen Vorbilder?
Keltor: Auch du seist gegrüßt! Wie du schon richtig erwähnt hast, beginnt die Geschichte von Totensucht 2010. Damals haben ich und ein guter Kumpel (Amarel) beschlossen, ein Black-Metal-Projekt zu starten. Ich war vorher und währenddessen hauptsächlich als Schlagzeuger mit Backing-Vocals bei zahlreichen anderen Bands tätig. Dazu später mehr. Bei diesem neuen Projekt wollte ich auch selber die Melodien und Texte schreiben, was ich vorher als Schlagzeuger nur sehr begrenzt getan habe.
Nach längerem Überlegen und Brainstorming hatten Amarel und ich uns auf den Namen „Totensucht“ geeinigt. Ich habe damals begonnen das erste Album zu schreiben. Dieses habe ich dann 2011 in meinem kleinen aber feinen Tonstudio aufgenommen. Amarel hat hierbei das Lied Gesellschaft=Tumor geschrieben (Text und Melodie) und einiges an Gitarre, Bass und Backing Vocals eingespielt bzw. eingesungen. Alle anderen Lieder habe ich geschrieben und auch größtenteils eingespielt und die Haupt-Vocals übernommen. Das ist so passiert, da wir hauptsächlich getrennt voneinander Musik geschrieben haben und selten zu zweit, da ich nur wirklich kreativ Musik schreiben konnte wenn ich allein war. Abgesehen davon konnten wir uns durch die Schichtarbeit sowieso nicht regelmäßig sehen. Ich habe mir damals selbst beigebracht Gitarre und Bass zu spielen. Schlagzeug gespielt habe ich zu dieser Zeit schon seit 10 Jahren an der Musikschule Rothenburg. Musikrichtungen wie Jazz, Blues, Pop, Rock und zahlreiche andere Genres gehörten zum regelmäßigen Unterricht.
Musikalisch war ich schon immer relativ breit aufgestellt, wobei ich zugeben muss, dass ich mich damals schon ziemlich dem Black Metal verschrieben habe. Bands die mich damals inspiriert haben waren z.B. Taake, Desaster, Heimdalls Wacht, Thy Wicked, Horna, Woods of Desolation, Grey Waters und viele weitere. Außerdem habe ich in meinen ganz jungen Jahren viel Punk Rock und Hardcore gehört, was ich niemals komplett aufgegeben habe. Ob man diese Bands in meiner Musik raushört kann ich selbst schwer beurteilen, kopieren wollte/ habe ich nie, sondern etwas Neues erschaffen!
Mjöllnir: 2010 ist Totensucht entstanden, allerdings hat es bis 2016 gedauert bis das erste Lebenszeichen „Black-Demonical-Accursed“ veröffentlicht wurde. Was waren die Gründe für den langen Zeitraum bis zum ersten Album?
Keltor: Nachdem das erste Album „Leitbild“ unter Eigenregie aufgenommen und abgemischt war, habe ich Bewerbungen an einige Underground Labels geschickt. Leider kamen da nur Absagen, oder gar keine Antwort zurück. Von da an habe ich ab und zu Lieder geschrieben und aufgenommen, ohne ein wirkliches Album/Konzept im Kopf zu haben. Jetzt kommt der große Gamechanger der alles verändert hat.
Ich bin im Juli 2014 mit zwei anderen Kumpels nach London (UK) ausgewandert. Damals hatte ich Amarel gefragt, ob ich den Namen „Totensucht“ behalten und von da an die Band als Soloprojekt weiterführen dürfe. Dieser willigte ein. Als ich mich nach ein paar Monaten gut eingelebt hatte, habe ich angefangen ein neues Album zu schreiben. Dieses Album war „Black-Demonical-Accursed“.
Das Album habe ich dann auch in London aufgenommen und mein Kumpel Michael Knoll von CrowRock-Entertainment, mit dem ich unter anderem ausgewandert bin und mit dem ich mir damals ein Zimmer in einer WG teilte, hat das Album, sowie alle darauffolgenden gemischt und gemastert. Mit diesem Album habe ich mich dann wieder bei einigen Labels beworben. Diesmal war das Feedback um einiges besser. Ich bekam die ein oder andere Zusage und hatte mich damals für Wolfmond- Production entschieden. 2016 wurde „Black-Demonical-Accursed“ dann released.

Mjöllnir: Seit 2016 ging es auf einmal Schlag auf Schlag und erst vor Kurzem ist dein 6. Album „Trimurti“ über Wolfmond Production erschienen. Wie ist es zur Zusammenarbeit mit dem Label gekommen?
Keltor: Die Frage habe ich ja eigentlich mit meiner vorherigen Antwort schon beantwortet. Ein paar Monate nach dem Release von „Black-Demonical-Accursed“ habe ich Daniel von Wolfmond dann von meinem ersten Album „Leitbild“ und der Ansammlung von Liedern, welche ich zwischen 2012 und 2014 geschrieben hatte, erzählt. Dieser war gleich bereit diese Werke auch zu veröffentlichen. Da die Lieder nach „Leitbild“ unterschiedliche Sound-Qualitäten hatten und mehr oder weniger zusammenhangslos geschrieben wurden, habe ich mich dazu entschlossen diese zusammenzufassen und unter dem Namen „Teufelswerk – Compilation of Confusion“ zu einem Album zusammenzufügen. Deshalb wurden die beiden ersten Alben erst 2017 und ziemlich zeitgleich veröffentlicht. Dass die Alben älter sind, hört man denke ich deutlich an der Sound-Qualität und der Reife der Lieder selbst.
Von da an habe ich in einem ungefähren 2-Jahres-Takt die Alben „Commando Degeneration“, „Trace of a cosmic Journey“ (EP) und jetzt vor Kurzem „Trimurti“ über Wolfmond veröffentlicht. Die Alben wurden alle in London aufgenommen und gemischt. Erst „Trimurti“ wurde dann wieder in Deutschland geschrieben und aufgenommen, da ich 2019 wieder zurück nach Deutschland gezogen bin. Die Zusammenarbeit mit Wolfmond hat immer sehr gut und stressfrei funktioniert, deswegen hatte ich keinen Grund das Label zu wechseln.
Mjöllnir: Musikalisch finde ich „Trimurti“ sehr stark, hebt es sich vom BM Einheitsbrei doch ab! Was war deine Intention als du im Songwritingsprozess zu „Trimurti“ warst?
Keltor: Trimurti ist die göttliche Dreifaltigkeit im Hinduismus. „Brahma“ der Gott der Schöpfung bzw. des Erschaffens, „Vishnu“ der Gott des Erhaltens und „Shiva“ der Gott der Zerstörung. Das ist das Hauptkonzept von dem Album. In den anderen Liedern geht es auch um mystische bzw. spirituelle Themen, sowie das Erreichen voller Ekstase, oder die Findung des eigenen Bewusstseins. Ich war 2019 für zwei Monate in Indien an sehr verschiedenen und sehr alten Orten. Unter anderem auch für einige Zeit in einem Ashram (Tempelanlage) in Südindien. Dort habe ich an einigen Programmen teilgenommen, in welchen es um ähnliche Themen ging. Physische und psychische Erweiterung, aber auch absolute Stille waren hierbei wichtige Erfahrungen, durch die ich einen Blick hinter die Mauern der normal gewohnten Realität werfen durfte.
Für solche Themen habe ich mich schon vor meiner Reise nach Indien interessiert und das hat sich bis heute auch nicht geändert. Diese uralten Lehren haben aber nicht grundsätzlich etwas mit der Religion Hinduismus zu tun, sondern kommen einfach aus der alten, indischen Kultur. Mit der ständigen Konfrontation damit, bekam ich mehr als genügend Themen zusammen, mit denen ich das Album füllen konnte. Das erste Lied ist „Shiva – Hammer of Destruction“, das in der Mitte „Vishnu – Wings of Preservation“ und das letzte Lied ist „Brahma – Claws of Creation“. Ich habe mit „Brahma“ aufgehört, da ich das Album mit etwas Positivem (in diesem Fall das Erschaffen) enden wollte. Deswegen sind auch die drei Götter in dieser Reihenfolge auf dem Album-Cover: Shiva (links), Vishnu (Mitte), Brahma (rechts).
Natürlich habe ich bei solchen tiefgründigen Themen auch eine besondere Art der Musik gesucht.
Ich denke ich habe einen ganz guten und dynamischen Mix zwischen verschiedenen Genres dafür gefunden. Es ist Totensucht wie man es kennt, aber in einem neuen Gewand. Musik, Content und der Sound an sich sind auf einem neuen Level.

Mjöllnir: Gibt es im Nachhinein noch Dinge, welche du an „Trimurti“ ändern würdest?
Keltor: Vom Songwriting bis zum Release sind ca. 2,5 Jahre vergangen, in denen ich alles geschrieben, aufgenommen, gemixt, gemastert, designed, vermittelt, … habe. Ich kann nur sagen, dass ich alles gegeben habe und es so perfekt ist wie es ist. Nein ich würde nichts ändern, auch wenn natürlich immer Platz nach oben ist. Aber um ehrlich zu sein stelle ich mir diese Frage nie, ich geb mir in meinem Schaffen genügend Mühe, dass die Frage an mich selbst im Nachhinein eigentlich irrelevant ist. Damit mein ich nicht, dass alles was ich mache perfekt ist, überhaupt nicht, aber ich bin 100% bei der Sache und kann dann auch sehr gut mit dem Resultat leben und mach mir auch keine Vorwürfe.
Mjöllnir: Totensucht betreibst du schon seit vielen Jahren alleine. Hast du mal darüber nachgedacht andere Mitstreiter in die Band aufzunehmen und würde dies nicht einiges vereinfachen.
Keltor: Ich habe schon in zahlreichen Bands gespielt und weiß wie es ist ,mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Es ist immer etwas ganz Besonderes mit anderen Menschen Musik zu machen und zu schreiben, weil jeder anders ist und eine andere Vorstellung von Musik hat. So kann man mehrere Welten zu Einer verschmelzen lassen. Mit Totensucht hatte ich, spätestens nachdem es offiziell ein Ein-Mann-Projekt war, die Intention meine eigene Welt zu vertiefen, indem ich keine Kompromisse eingehen muss und meine Ideen zu 100% umsetzen kann. So soll es auch bleiben, da es für mich persönlich auch eine interessante Reise ist, von der ich nicht weiß wo sie mich hinführen wird. Ich habe immer noch zahlreiche andere Projekte mit Musikern, wenn auch zur Zeit keine richtige Band, aber mit Totensucht werde ich weiterhin meinen eigenen Weg finden, auch wenn das bedeutet dafür viel mehr Zeit und Geld zu investieren!

Mjöllnir: Um die vorherige Frage noch etwas auszudehnen, gibt es Bestrebungen Totensucht live auf die Bühne zu bringen?
Keltor: Das ist natürlich eine sehr interessante und berechtigte Frage. Anfangs hatte ich das eigentlich nie vor und wollte immer nur CD ́s aufnehmen. Im Laufe der Zeit habe ich trotzdem angefangen darüber nachzudenken und mehr Leute fragten mich dieselbe Frage. Es ist schwer geeignete Musiker zu finden und einen passenden Proberaum, wobei das Zweitere um einiges einfacher ist. Bis jetzt habe ich noch kein komplettes und geeignetes Line-Up gefunden. Ich weiß auch nicht, ob ich meine Musik jemals wirklich live präsentieren werde und die notwendige Zeit aufbringen kann. Ich lass diese Frage offen und lasse die Zukunft darüber entscheiden. Falls es soweit kommen sollte, werde ich frühzeitig darüber informieren, wer weiß…
Mjöllnir: Soziale Netzwerke wie Facebook und Co. sind heutzutage nicht mehr weg zu denken. Wie wichtig sind die sozialen Netzwerke für eine Band wie Totensucht?
Keltor: Eigentlich bin ich keine großer Fan von sozialen Netzwerken. Als ich damals nach London gezogen bin, hatte ich mich schweren Herzens dazu entschieden mir FB zuzulegen, da ich sonst keinen regelmäßigen und einfachen Kontakt zu meinen Freunden in Deutschland und in England halten konnte. Natürlich sehe ich inzwischen auch die positiven Seiten von solchen Plattformen und für eine Band wie Totensucht, die noch nicht live gespielt hat, ist es doch eine gute Möglichkeit auf sich Aufmerksam zu machen. Natürlich steigt somit auch das Angebot an Bands, was die Sache wieder schwieriger macht. Ich denke in Anbetracht der Zeit und der Position von Totensucht sind soziale Netzwerke schon ziemlich wichtig und eigentlich nicht mehr weg zu denken, wobei ich trotzdem soziale Netzwerke allgemein auch kritisch betrachte.
Mjöllnir: Was sind deine musikalischen Favoriten zur Zeit?
Keltor: Das ist eine sehr schwierige Frage. Inzwischen hör ich Musik querbeet und ich meine wirklich querbeet. Black Metal und Metal generell ist nur noch eine von vielen Musikrichtungen die ich höre. Im Metal- bzw. Rock-Bereich könnte ich z.B. Arckanum, Dissection, Fides Inversa, Fin, Plaga, Katatonia, Dream Theater, Ashbury, Winterhawk, Rush, Queen, The Jam, The Kinks und viele weiter aufzählen. Es gibt aber auch einige Bands, welche aus dem Country, Jazz, Blues, Reggae, Folklore und Akkustik Bereich kommen, die mich sehr begeistern. Aus der Black Metal Szene komme ich ursprünglich, deswegen habe ich Totensucht auch in dieser Musikrichtung verankert.
Mjöllnir: Ich bedanke mich für das Interview und überlasse dir gerne die letzten Worte?
Keltor: Ich habe für das Interesse und die Möglichkeit zu danken! Sehr interessante und berechtigte Fragen, die mich auch selber zum Nachdenken angeregt haben. Gerne bis zum nächsten Mal!
Interview geführt und editiert durch Mjöllnir 2022
Fotos von Totensucht